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Freiräume, Freiraumplanung und sozialer Zusammenhalt

Tamara Eiermann, Freiraumplanerin bei Metron Bern AG, hat mit uns in der Vorbereitung für das Frühlingsseminar „Quartierarbeit in und um Neubausiedlungen“ (siehe unten) über die Bedeutung von Freiräumen und Freiraumplanung bei der Schaffung von sozialem Zusammenhalt gesprochen.

Welche Bedeutung hat gemäss deiner Erfahrung der physische (Aussen-)Raum in der Schaffung von sozialem Zusammenhalt in Neubausiedlungen?

Aussenräume sind meiner Meinung nach vor allem in Neubausiedlungen für den sozialen Zusammenhalt extrem wichtig. Sie schaffen Orte, um sich zu treffen, für zufällige Kontakte und es entsteht so das Potenzial soziale Bindungen zu knüpfen. Solche Orte setzen den Gegenpol zu den Rückzugsorten, den Wohnungen der Menschen. Erst im Aussenraum sehe ich, wer eigentlich neben mir wohnt. Dort findet Begegnung statt. Und Begegnung in all ihren unterschiedlichen Formen ist die Voraussetzung für ein Miteinander und für sozialen Zusammenhalt.

Wenn der Aussenraum gut gestaltet ist, dann ist er inklusiv und kann Grenzen abbauen. Zwischen den Leuten in der Siedlung, aber auch darüber hinaus ins Quartier. Wege durch die Siedlung, wichtige Knotenpunkte und ein Angebot, das dem ganzen Quartier dient, helfen dabei. Das kann ein Spielplatz sein, ein Quartiertreffpunkt oder eine Bank unter einem schattenspendenden Baum. Eine gute Gestaltung des Aussenraums fördert also unbewusst den sozialen Zusammenhalt und bietet den Menschen Möglichkeiten, sich darin so zu verhalten, wie es für sie in unterschiedlichen Situationen stimmt.

Kannst du mir dafür ein gutes Beispiel zeigen? Was macht diesen Freiraum so gelungen?

Ich wohne in Luzern, direkt neben der Genossenschaftssiedlung Himmelrich 3 der Allgemeinen Baugenossenschaft Luzern (ABL) (siehe Bilder). Was ich dort beobachte, finde ich beispielhaft: Auf dem Areal bewegen sich ganz viele unterschiedliche Menschen. Das hat sicherlich mit der Gebäudenutzung und der diversen Zusammensetzung der Bewohnerschaft zu tun: von Alt bis Jung, Familien und auch viele Menschen mit Beeinträchtigung wohnen dort, die eben auch im Aussenraum gut sichtbar sind. Die Läden und Cafés im Erdgeschoss ziehen Leute aus dem ganzen Quartier an. Aber auch die unterschiedlichen Freiräume in und um die Siedlung bieten unterschiedlichen Nutzungsgruppen Raum. Mittlerweile hat sich die neue Siedlung zu einem wichtigen Treffpunkt im gesamten Quartier der Neustadt entwickelt und bietet unglaublich viel an. Ein Mehrwert für das gesamte Quartier.

Was darf bei der Planung eines gelungenen Freiraums im Siedlungsraum nicht vergessen gehen?

Für mich eindeutig, dass ein Aussenraum bzw. Freiraum nie fertig geplant ist! Die Menschen sind so unterschiedlich – und die Ansprüche ändern sich mit der Zeit kontinuierlich. Freiräume müssen deshalb so geplant werden, dass sie sowohl unterschiedliche Nutzungen zulassen als auch veränderbar bleiben. Das gilt gerade auch für die Aussenräume von Neubausiedlungen, wo man ja nur bedingt weiss, wer sie später wie nutzen wird und das Partizipieren von zukünftigen Nutzenden oftmals schwer ist. Wohnen die Menschen erst einmal dort, können neue oder zusätzliche Bedürfnisse abgeholt und in der Freiraumgestaltung darauf reagiert werden. Das geht nur dann, wenn der Raum es dann noch zulässt. Und muss natürlich so geschehen, dass Anpassungen auch künftig möglich bleiben. Meine Aufgabe als Planerin ist es also, ein Grundgerüst anzubieten, das unterschiedlichste Möglichkeiten für Nutzung und Veränderung bietet.

Gibt es ein einfaches Element in der Freiraumplanung, das grosse Wirkungen für die Schaffung von sozialem Zusammenhalt haben kann?

Eine gute und intensive Auseinandersetzung mit den Zielgruppen der zukünftigen Siedlung, wie auch den Blick über den Tellerrand auf den Gesamtkontext des Quartierlebens scheint mir in der Phase der Analyse unglaublich wichtig. Nur so kann man ein soziales Netzwerk erfassen und verstehen, um dann als Planende die Grundlagen zu schaffen, welche sozialen Zusammenhalt ermöglichen. Das ist kein Element, aber ein Schritt, den es braucht, um den Kontext einer Siedlung und die Menschen, die dort leben und leben werden, zu verstehen.

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