NLQ vor Ort in Pratteln «15 Jahre Quartierentwicklung Pratteln: vom Projet Urbain zum integrierten Bestandteil der Gemeindeentwicklung», 25. September 2024, 13.30-17.30 Uhr: zur Anmeldung
Pratteln, eine Gemeinde zwischen Dorf und Stadt, befindet sich mit seinen grossen Entwicklungsarealen in einem dynamischen Transformationsprozess, bei welcher die Quartierarbeit eine wichtige Rolle spielt. Benjamin van Vulpen, Quartierarbeiter in Pratteln erzählt uns, wie sich die Quartierarbeit in den letzten 15 Jahren weiterentwickelt hat, was Prattelns Quartiere lebendig macht und worauf sich die Besuchenden des NLQ vor Ort besonders freuen können.
Die Quartierarbeit in Pratteln feiert ihr 15-jähriges Bestehen. Herzlichen Glückwunsch! Wie hat die Quartierarbeit in Pratteln begonnen?
Fragen der Integration und des Zusammenlebens und Ansprüche an die bauliche Entwicklung in den peripheren Quartieren von Pratteln haben dazu geführt, dass sich die Gemeinde beim Bundesprogramm «Projets urbains» beworben und für acht Jahre finanziell und fachlich unterstützt wurde. In der ersten Phase bis 2011 standen insbesondere Lernprozesse der beteiligten Verwaltungsfachleute im Zentrum. Die Verwaltung setzte sich mit Fragen wie „Was ist Quartierentwicklung? Welches Verständnis will sich Pratteln geben? Wie erarbeitet man sich Grundlagen?“ auseinander. Es wurden sozialräumliche Analysen im Gebiet Längi durchgeführt, Handlungsfelder definiert und erste Massnahmen mit der Bevölkerung umgesetzt. In der zweiten Phase bis 2015 wurde die Tätigkeit auf zwei weitere Schwerpunktgebiete „Rankacker/Gehrenacker“ und „Aegelmatt/Vogelmatt“ ausgeweitet. Auch in diesen Wohnquartieren wurden Analysen erstellt und Projekte umgesetzt.
Was bedeutet Quartierarbeit heute in der Gemeinde Pratteln?
Mit dem «projet urbain» konnte Pratteln einige Erfolge verbuchen. So wurde Quartierinfrastrukturen eingerichtet, Bewohnerinnen und Bewohner befähigt, sich für das nachbarschaftlichen Zusammenleben zu engagieren und Wohnumfelder partizipativ aufgewertet. Doch schon während des Projektes wurde klar, dass Quartierarbeit eine Daueraufgabe ist. Entsprechend hat die Gemeinde 2016 die Quartierarbeit verstetigt und eine Fachstelle geschaffen. Seither wurden die aufgebauten Strukturen in den Quartieren gepflegt, Spielplätze unter Mitwirkung der Kinder umgesetzt, Begegnungszonen geschaffen und neue Aktivitäten und Veranstaltungen mit der Quartierbevölkerung umgesetzt. Doch die Strategie der Quartierarbeit hatte auch zum Ziel, das Zusammenspiel sozialer Prozesse mit den baulichen Entwicklungen und den anderen Bereichen der Verwaltung zu verbessern. So konnte in den letzten Jahren beispielsweise der Austausch und die Zusammenarbeit mit der Abteilung Bau, Verkehr und Umwelt intensiviert und mit der Schaffung einer beständigen Arbeitsgruppe Quartierentwicklung strukturell verankert werden. Durch die Zusammenarbeit können die Planungen und die Vorgehensweisen besser frühzeitig auf die Bedürfnisse der Bevölkerung eingestellt werden. Dies dient einem effizienten Mitteleinsatz und einer besseren Bündelung der verschiedenen öffentlichen und privaten Ressourcen. Schliesslich erhöht dies die Akzeptanz der kommunalen Planungen.
Was macht Prattelns Quartiere lebendig?
In den Prattler Quartieren leben Menschen aus 100 Nationen. Die Vielfalt ist eine Bereicherung für die Gemeinde. Gleichzeitig zeigt uns eine aktuelle Wohnraumanalyse, dass die Menschen in den Quartieren aus den 60er und 70er Jahren in sehr engen Verhältnissen leben und es in der Nachbarschaft wenig Möglichkeiten gibt, an grössere und bezahlbare Wohnflächen zu gelangen. Entsprechend ist der Aussenraum ein wichtiger Ort, der von Jung bis Alt rege genutzt wird und entsprechend auch gepflegt werden muss. Zwischenzeitlich sorgt dies auch für Konflikte. Wir setzen und dafür ein, dass entsprechen Qualität der Freiflächen erhalten oder ausgebaut werden können. Dazu suchen wir die Zusammenarbeit mit den Liegenschaftsverwaltungen und den Grundbesitzenden.
Die Entwicklung einer Quartieridentität ist uns auch ein Anliegen, damit die Menschen sich mit ihrer Nachbarschaft identifizieren können und ein «Mitenand» entsteht. Dazu unterstützen wir die Quartierbevölkerung bei der Organisation von sozialen und kulturellen Aktivitäten. Das klassische Sommerfest darf in keinem Quartier fehlen! Es ist ein wichtiger Jahresevent, Kristallisationspunkt und Antreiber für Neues zugleich. Die sozialen Netzwerke die durch die verschiedenen Aktivitäten entstehen sind für die Menschen eine klarer Ressorucengewinn, der ihnen auch bei der persönlichen Entwicklung Unterstützung bietet.
Auf was können sich die Besuchenden des NLQ vor Ort in Pratteln im September freuen?
Wir führen die Teilnehmenden in einem Rundgang durch das Längi-Quartier, dem Ursprung der integralen Quartierentwicklung in Pratteln. Das Quartier zeigt exemplarische Gegebenheiten vieler Agglomerationsgemeinden auf. Und dennoch ist seine Lage und soziale Dynamik einzigartig. Wir möchten den Besuchenden einen Einblick in die vergangene und künftige Entwicklung des Quartiers geben. Denn die Längi wie auch viele Orte in der Gemeinde Pratteln befindet sich in einem Transformationsprozess. Dabei möchten wir aufzeigen, dass eine gute Verknüpfung zwischen baulichen und sozialen Prozessen eine zentrale Rolle spielt. Dies zeigt sich exemplarisch an der konkreten Zusammenarbeit von der Bauabteilung und der Quartierarbeit vor Ort. Wir freuen uns auch auf den Austausch mit anderen Fachpersonen aus der ganzen Schweiz. Am Beispiel Pratteln möchten wir zu einer Reflexion und Diskussion über ähnliche Fragestellungen in anderen Gemeinden anregen. Wir freuen uns und sind sehr gespannt!