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NLQ vor Ort | Netzwerk lebendige Quartiere

Dienstag, 26 november 2024, 13:30-17:00 Uhr

Quartier als Demokratieübungsort

Mitgestaltung, Mitwirkung und Mitbestimmung sind in der Schweiz wichtige Pfeiler des demokratischen politischen Systems. Sie bilden ebenfalls einen wichtigen Teil des Selbstverständnisses im Alltag der Menschen.

Gerade im Kleinen und auf Impuls engagierter Menschen können Ideen ausprobiert werden, welche bei Erfolg und generellem Interesse auch auf grösserer Ebene getragen umgesetzt werden. Diese Möglichkeit im unmittelbaren Lebensumfeld mitzugestalten, ist bedeutsam. Sie fehlt im Grossen, da bei Volksentscheidungen meist nur die Möglichkeit besteht, etwas anzunehmen oder abzulehnen. Ausserdem fehlt im Grossen für einem grossen Teil der Bevölkerung, insbesondere in städtischen Gebieten, die Möglichkeit sich überhaupt demokratisch zu beteiligen, wie bei Menschen ohne Schweizer Staatsbürgerschaft, Menschen unter Vormundschaft, oder Kindern.

Das Quartier bildet hier eine spannende Ebene: es besteht eine grosse Nähe zwischen den Bewohnenden und dem Ort, welche die Entscheidungen betreffen und wo Verhandlungen stattfinden können. In partizipativen Verfahren, durch Vereinsarbeit oder durch institutionalisierte Prozesse können eine Vielzahl von Menschen miteinbezogen werden und so demokratisch mitbestimmen und mitgestalten, wie ihr Wohnumfeld aussehen soll (z,B. partizipatives Budget, Gestaltung Quartierplatz).

Demokratie ist aber keine Selbstverständlichkeit – sie Bedarf Pflege und Wachsamkeit, um sie zu erhalten und stets neu zu verhandeln. Demokratie kann auch schwierig sein, bedingt ein gewisses Wissen, das geübt werden muss. Das Quartier bietet eine Möglichkeit, Demokratie zu erlernen und zu pflegen.

Deswegen möchten wir uns im nächsten Herbstseminar mit dem Quartier als Demokratieübungsplatz beschäftigen: Wie kann im Quartier Demokratie geübt und gepflegt werden? Welche Methoden und Projekte bestehen dafür? Welche Rolle kommt der Quartierarbeit dabei zu? Wo kommt die Quartierarbeit an ihre Grenzen? Was kann und soll im Grossen vom Kleinen gelernt werden?

«Quartier als Demokratieübungsort»: 26. November 2024, 13.15-17.15 Uhr, Aula Progr, Speichergasse 4, Bern

Programm

13:30 Begrüssung durch Netzwerk lebendige Quartiere und Referate

Demokratie auf Nachbarschaftsebene: Demokratische Erneuerung oder nutzlose Spielerei?
Die lokale Ebene wird oft als idealer Ort für demokratische Experimente angesehen. Gemeinden und Städte führen eine Vielzahl von Beteiligungsprojekten durch, insbesondere auf der Quartierebene. Wie fördert die Beteiligung der Bewohner eines Stadtviertels an lokalen Projekten die Demokratie? Was sind die größten Herausforderungen und Probleme, mit denen sich die Nachbarschaftsdemokratie konfrontiert sieht, und wie können diese überwunden werden? In diesem Vortrag werden die Potenziale und Grenzen der demokratischen Partizipation auf Nachbarschaftsebene diskutiert.
Dr. Victor Sanchez-Mazas, ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut d’études de la Citoyenneté der Universität Genf.

‚Urban Citizenship’: Politische und soziale Teilhabe für alle, die hier leben
Wir alle sind Bern ist eine Bewegung, die sich für eine solidarische Stadt Bern einsetzt und eine Erweiterung der Demokratie anstrebt, indem neue Zugehörigkeiten jenseits des Nationalen gefördert werden. Das Ziel dabei ist es, dass alle Stadtbewohnenden unabhängig von ihrer Herkunft oder ihrem Aufenthaltsstatus gleichberechtigt an der Stadt teilhaben können. In ihrem Referat stellt Sarah Schilliger das Konzept «Urban Citizenship» vor und ordnet diese Bewegung demokratiepolitisch ein. Sie zeigt zudem am Beispiel der Initiative für eine «City Card Bern» und dem «Café Cosmopolis» auf, wie „Wir alle sind Bern“ aktuell versucht wird, alltagsdemokratische, inklusive Räume auf Quartier- und Stadtebene zu fördern.
Dr. Sarah Schilliger, Soziologin am Interdisziplinären Zentrum für Geschlechterforschung der Universität Bern

Partizipative Budgets in der Schweiz. Erkenntnisse aus 5 Jahren Pilotversuche
Seit 2019 finden, begünstigt durch die Digitalisierung und den damit verbundenen Smart-City-Strategien, in zahlreichen Schweizer Städten Prozesse statt, die dem Format des partizipativen Budgets zuzuschreiben sind. Während in Lausanne seit 2019 jährliche Prozesse durchgeführt werden, waren sie in anderen Städten (Zürich, Aarau, Thun, Luzern) bislang einmalige Pilotprojekte. Anders als im internationalen Kontext üblich, wo durch die Bevölkerung eingereichte Ideen von einer Stadtverwaltung umgesetzt werden, setzen die in der Schweiz durchgeführten Projekte eine Selbstumsetzung der Ideengebenden voraus. Sie schaffen somit einen neuen Weg für Förderung von Nachbarschaftsprojekten und Quartiervernetzung. Der Beitrag gibt einen Einblick in die Erkenntnisse aller Prozesse, deren Gemeinsamkeiten und Unterschiede und versucht Erfolgsfaktoren für die Durchführung partizipativer Budgets zu definieren. Die Urban Equipe durfte seit 2019 vertieft Erfahrungen mit diesem Instrument machen. Sie trat als Projektträgerschaft der «Quartieridee Wipkingen» (2020/21) und als Prozessbegleitung der «Stadtidee Zürich» (2021/22), der «Stadtidee Aarau» (2022/23) und der «Klima-Idee Thun» (2023/24) auf.
Lars Kaiser, Raumentwickler, Mitgründer des Verein Urban Equipe und Spezialist von partizipativen Budgets

14:45-15:15 Pause

15:15-16:35 Ateliers

16:45-17:00 Abschluss im Plenum

Kurzbeschreibung Ateliers

Methodikspezifische Ateliers

Atelier 1: Spielerisch Demokratie im Quartier erleben (deutsch)
In diesem Atelier lernen Sie Spiele und Methoden kennen, mit denen Demokratie im Quartier als Lebens- und Gesellschaftsform erfahren werden kann. Sie können ein Spiel ausprobieren, welches zur Demokratiesensibilisierung dient. Zudem erhalten Sie Informationen zu Angeboten für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, welche die Gestaltung von Freizeit- und Ferienangeboten, partizipativen Formaten und für Weiterbildungen, durch die der Quartier- und Jugendarbeit dienen.
Sabine Jenni, Politikwissenschaftlerin, Gründerin und Geschäftsleiterin Demokrative – Initiative für politische Bildung, www.demokrative.ch
Bilder links wurden durch die Demokrative zur Verfügung gestellt

Atelier 2: Partizipativer Ansatz in den Stadtvierteln der Stadt Lancy: von und für die Einwohner:innen (französisch)
Die die Abteilung für Soziales und Wohnen der Stadt Lancy wird immer häufiger in den Stadtvierteln durch partizipative Verfahren aktiv, um sicherzustellen, dass die Bedürfnisse jedes Einzelnen gehört und das gute Zusammenleben in den Vierteln mitgestaltet werden kann. Um den unterschiedlichen Bedürfnissen gerecht zu werden, arbeitet die Abteilung regelmäßig mit den für den öffentlichen Raum zuständigen Stellen (Stadtplaner und Bauunternehmer) zusammen, um die Hauptanliegen der Bewohnenden, den sozialen Zusammenhalt und die Gestaltung ihres Lebensraums, ins Zentrum der Arbeit gerückt wird.
Vincent Künzi, Leiter der Abteilung für Soziales und Wohnen der Stadt Lancy, und Alicia Riondel Carrard, stellvertretende Leiterin Abteilung für Soziales und Wohnen der Stadt Lancy.

Atelier 3: Vom Ärgernis zum Big Picture (deutsch)
Wie der Schulhausbau in einem Quartier auf Widerstand stiess und wie daraus ein gelungenes Beispiel für eine Quartierentwicklung mit der Bevölkerung wurde. Die Drehscheibe Altstetten/Grünau teilt ihre Erfahrungen aus dem Prozess und zeigt auf, wie durch Partizipation ein Projekt neu gedacht werden kann. Gemeinsam teilen wir erlebte Erfahrungen aus euren Projekten.
Daniel Zeller, Stellenleiter Drehscheibe Altstetten/Grünau, Zürich

Zielgruppenspezifische Ateliers

Atelier 4: Kinderpartizipation in Quartier und Gemeinde (deutsch)
Ist Kinderpartizipation im Quartier ein Übungsfeld oder können Kinder hier echten Einfluss nehmen? Das Kinderbüro Basel lädt Sie zu einem Speeddating zu Voraussetzungen, Herausforderungen und Leuchttürmen ein.
Nico Scholer, Geschäftsleiter Kinderbüro Basel

Atelier 5: Ausländerinnen- und Ausländerbeirat der Stadt Zürich: Die Stimme des stimmlosen Drittels (deutsch)
Der Ausländerinnen und Ausländerbeirat der Stadt Zürich (ABR) setzt sich als beratendes Gremium für die Anliegen der ausländischen Wohnbevölkerung ein und fördert ein respektvolles Zusammenleben in der Stadt. Im Atelier diskutieren wir aktuelle Themen wie Integration, Rassismus, Bildungschancen und gesellschaftliche Teilhabe aus der Perspektive des Ausländerinnen- und Ausländerbeirat.
Olympia Georgoudaki, Architektin SIA und Urbane Planerin, Vorstandsmitglied Ausländerinnen und Ausländerbeirat der Stadt Zürich, Beirätin MOBILE das Freiluftparlament, Fachexpertin Genderplanung Lares, Baukultur Vermittlerin Archijeunes.

Atelier 6: « Territoires partagés »: Instrumente zur Förderung von Räumen inklusiver Bürgerschaft (französisch)
Das Projekt „Territoires partagés“ des Vereins Reliefs aus Lausanne ist das Ergebnis eines dreijährigen Prozesses mit einer Gruppe von Teilnehmenden, welche sich aus Personen, die vor Kurzem in migriert haben und aus in der Schweiz sozialisierten Personen zusammensetzt. Das Projekt nutzt kollektive Gestaltungsmittel, um die Beteiligung aller Menschen auf Quartier- und Stadtebene zu fördern, unabhängig von ihren politischen Rechten. Die Teilnehmenden werden zu kulturellen Akteur:innen in einem Gebiet, in dem sie leben. Sie konzipieren, organisieren, leiten und evaluieren kollektive kreative Workshops, die Begegnungen und den sozialen Zusammenhalt fördern. Ihre Teilnahme und die von ihnen entwickelten Aktionen stellen eine Verbindung zwischen ihren individuellen Bedürfnissen für ein besseres Leben und dem kollektiven Interesse der Stadt dar.
Lucie Schaeren, Co-Leiterin von Reliefs, Soziologin, Erwachsenenbildnerin im Bereich Bürgerschaft und Partizipation und Künstlerin mit einem Masterabschluss in Kunst im öffentlichen Raum.
Ein:e Teilnehmer:in am Projekt «Territoires partagés»

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