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NLQ VOR ORT IN LUZERN

Dienstag, 27. September 2022, 13.30 bis 17.00 Uhr

20 Jahre Quartierentwicklung mit BaBeL

Das Netzwerk Lebendige Quartiere war am 27. September zu Besuch an der Basel- Bernstrasse in Luzern.

Das Gebiet um die Basel- und Bernstrasse nimmt innerhalb der Stadt Luzern eine besondere Stellung ein. Aufgrund der vergleichsweisen günstigen Mieten stellt es eine Art Eingangspforte für viele Neuzuziehende in der Stadt Luzern dar und ist kulturell sehr durchmischt. Seinen Charakter verdankt das Quartier unter anderem der kleinteiligen Nutzungsdurchmischung mit diversen Nischen für Gewerbe, Kultur, selbständig Erwerbende und Kunstschaffende. Das Quartier ist aufgrund seiner geographischen Lage zwischen der Reuss und dem Gütschwald ein Verkehrsknotenpunkt für den Stadtverkehr und die Bahnlinie. Das hohe Verkehrsaufkommen bildet eine zentrale Herausforderung für die Quartierentwicklung.

2001 initiierte die Hochschule Luzern gemeinsam mit der Stadt Luzern ein Projekt zur nachhaltigen Entwicklung des Quartiers Basel-/Bernstrasse. Gemeinsam mit der Bevölkerung wurden unterschiedliche Massnahmen zur Aufwertung des Quartiers – unter Beibehaltung des Quartiercharakters –  geplant und umgesetzt. Die Massnahmen umfassten etwa diverse kleinere Aufwertungen, die Koordination der Angebote für Kinder und Jugendliche sowie die stärkere Vernetzung und Zusammenarbeit der Quartierinstitutionen. Mittlerweile gilt die Arbeit von BaBeL  nicht mehr als Projekt, sondern als langfristige, kontinuierliche Aufgabe. 2007 wurde der gemeinnützige Verein BaBeL gegründet, welcher fest im Quartier und bei den Quartierinstitutionen verankert ist. Durch die Zusammenarbeit mit allen AkteurInnen im Quartier, von der Schule zur Kirche und engagierten Bewohnenden konnte insbesondere im sozio-kulturellen Bereich viel bewirkt werden. Baulich Massnahmen sind schwieriger umzusetzen und dauern länger. Doch auch hier gibt es Erfolge: So wird ab 2023 in der Baselstrasse Tempo 30 gelten, was die Sicherheit und die Lärmsituation deutlich verbessern wird. Zudem soll die Strasse saniert werden und dabei ein lärmreduzierender Belag verwendet werden. Die Quartierentwicklung im BaBeL-Quartier gilt heute als Pionierarbeit und war ein Vorbild für die Quartierentwicklung in der ganzen Stadt Luzern.

Nach einer kurzen Einführung (Link zur Präsentation) über die Charakteristik des Quartiers durch Sybille Stolz, Leiterin Quartiere und Integration der Stadt Luzern und Julia Imfeld, Leiterin der Geschäftsstelle BaBeL führten Christian Wenk, Mitarbeiter Quartierarbeit Basel-, Bernstrasse und Julia Imfeld durch das Quartier. Später wurden drei Diskussionsgruppen gebildet, in denen die eigenen Erfahrungen weitergegeben wurden und ein gegenseitiger Austausch stattfand.

Kinderpartizipation im Quartier

Das BaBeL-Quartier war lange Zeit das kinderreichste Quartier der Stadt. Christian Wenk führte die Gruppe an verschiedene wichtige Orte der Kinder- und Jugendarbeit. Die grösste Herausforderung ist auch hier der mangelnde Platz und die mangelnden Freiflächen. Der Dammgärtli-Spielplatz ist aktuell die einzige Freifläche im Quartier und somit der wichtigste Ort für Kinder. Gestaltet wurde er unter Einbezug der Kinder selbst. Anfangs der 2000er Jahre war der Platz vor allem für Drogenkonsum und Prostitution bekannt, weswegen dessen Aufwertung eines der ersten Projekte in der Quartierentwicklung war. Heute werden Kinderevents und auch das Quartierfest «Riverside» hier durchgeführt.

Andere Freiräume für Kinder und Jugendliche gibt es erst wieder auf der anderen Flussseite, eigentlich bereits ausserhalb des BaBeL-Quartiers. Hier stehen die Pfarrei und eine der Schulen, mit welcher das Quartier eng zusammenarbeitet. Als die Stadt anfangs der 2000er Jahre mit der Quartierarbeit begann, gab es bereits konfessionsneutrale Angebote der Kirche für Jugendliche und jüngere Kinder. Die Stadt konzentrierte sich deswegen vor allem auf diejenigen Altersstufen, für welche es noch keine Angebote gab und arbeitet eng mit der Kirche zusammen. Auch die Schulen unterstützen die Quartierentwicklung. Angebote können in den Klassen unkompliziert bekannt gemacht werden und bei der Sanierung der Schule konnte die Quartierentwicklung den partizipativen Prozess gestalten und durchführen. So wurden die Schülerinnen und Schüler selbst in die Gestaltung des Pausenhofs eingebunden.

BaBeL, am Ziel?

Die zweite Gruppe unter der Leitung von Julia Imfeld machte einen Spaziergang durchs Quartier, um die kulturelle Vielfalt und räumliche Gestaltung des Quartiers zu entdecken. Der Rundgang führte über die stark befahrene Baselstrasse, wo die Teilnehmenden erleben konnten, wie stark das Quartierleben vom Verkehr geprägt und eingeschränkt ist. Julia Imfeld machte die Gruppe auch auf die teils sehr in die Jahre gekommene und stark renovierungsbedürftige Bausubstanz aufmerksam. Die Gründe dafür liegen an der weniger attraktiven topografischen (wenig Sonne) und verkehrlichen (viel Lärm) Lage. Aus diesen Gründen ist auch vorläufig keine starke Gentrifizierung zu erwarten, wobei die aufkommenden Kunstgalerien und das Nachleben als Anzeichen dafür gedeutet werden könnten. Eine weitere Herausforderung, die von der Stadtplanung jedoch anerkannt und im Rahmen der Gebietsentwicklungen angegangen wird, ist der fehlende Freiraum. Mehr Spiel- und Grünraum ist ein grosses Bedürfnis der ansässigen Bevölkerung.

Julia Imfeld zeigte den TeilnehmerInnen nebst diesen Herausforderungen auch das Büro des Vereins BaBeL und gab dabei Einblick in die wichtige soziokulturelle Arbeit, die im Quartier geleistet wird. Nebst der Vernetzung der AkteurInnen im Quartier und der Arbeit als Informations- und Interessenvermittler innerhalb des Quartiers und gegenüber der Stadt setzt der Verein BaBeL auch eigene Projekte um. Beispiele dafür sind das Quartierfest «Riverside» oder ein Urban Gardening Projekt mit Schulkindern und Quartierbewohnenden.

Diskussion

In den Diskussiongruppen konnten die verschiedenen Themen vertieft werden. Roman Streit, Projektleiter Stadtplanung Luzern, wies in seiner Gruppe unter anderem auf die Schwierigkeit der Eigentumssituation hin. Da die Stadt wenig Land besitzt, sind die Möglichkeiten, Freiräume zu schaffen, sehr beschränkt. Das wenige städtische Land wird aber vor allem dazu genutzt. So soll in den nächsten Jahren ein weiterer kleiner Park entstehen. Julia Imfeld diskutierte mit ihrer Gruppe die Form der Zusammenarbeit zwischen Stadt und der Quartierentwicklung. Als Leiterin der Geschäftsstelle BaBeL ist sie direkt im Quartier aktiv aber seit 2022 von der Stadt angestellt. Schliesslich diskutierte Christian Wenk mit seiner Gruppe, wie die Kinderpartizipation konkret funktionieren kann. Die Ergebnisse finden Sie hier.

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